Hans Böhm

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Hans Böhm als Prediger (zeitgenössische Darstellung)

Hans Böhm oder Hans Behem, Pauker von Niklashausen (* um 1458 in Helmstadt; † 19. Juli 1476 in Würzburg) – auch als Pfeifer von Niklashausen, Pfeiferhannes, Pfeiferhänslein oder Henselins bekannt – war Viehhirte, Musikant, Prediger und Initiator der Niklashäuser Wallfahrt von 1476.

Leben und Wirken

Der Name Böhm, im Spätmittelalter meist Behem, Beheim oder Böheim geschrieben, deutet an, dass die Vorfahren des Hans Behem aus Böhmen stammten. Während der Hussitenkriege von 1415 bis 1435 waren viele Kriegsflüchtlinge aus Böhmen ins Frankenland gekommen. Die meisten dieser Behem mussten als arme Habenichtse ihr Leben am unteren Ende der ständischen Ordnung neu einrichten.

Hans Behem oder Böhm, der aus sehr armen Verhältnissen kam, wurde um 1458 in Helmstadt in Unterfranken geboren, einem kleinen Marktflecken im heutigen Landkreis Würzburg. Über seine Herkunft und Kindheit gibt es keine gesicherten Kenntnisse. Er soll als Waisenkind aufgewachsen sein und musste schon als Kind seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten. Als Hütejunge erlebte er von klein auf die Rechtlosigkeit, unter der sich Besitzlose im Spätmittelalter verdingten. Der selbstbewusst auftretende, redegewandte Junge war auch schon vor seiner Predigerzeit vielen Menschen in den Dörfern zwischen Würzburg, Wertheim und Tauberbischofsheim als Hirte und Pauker bekannt. Er hörte, was das Volk im unteren Maintal über Gott und die Welt redete, über die Not der einfachen Menschen, die Ketzereien der Hussiten und die Todsünden der weltlichen und kirchlichen Obrigkeit. Mit der Herde zog er umher, lernte Menschen anzusprechen, malte sich im Geiste eine gottgefälligere, bessere Weltordnung aus und suchte Gewissheit über seine Ideen zu erlangen.

Hans Böhm wäre damit allerdings nur ein unbedeutender Zeitgenosse geblieben und heute längst vergessen. Das änderte sich erst zur Fastenzeit 1476, als er in jugendlicher Schwärmerei – zeitgenössische Quellen beschreiben ihn als Jüngling, fast noch ein Kind – den Entschluss fasste, in Niklashausen als Prediger aufzutreten.

Seinen Lebensunterhalt bestritt er bis dato unter anderem, dass er auf Festen die Pauke spielte. Initialzündung seiner Karriere als Prediger war eine Marienerscheinung, die ihm befahl, seine Pauke zu verbrennen und er solle, wie er bisher dem Tanz und der Sünde gedient habe, sich befleißigen und dem einfachen Volk predigen. Die Jungfrau Maria habe ihm eingegeben, dass jeder von seinen Sünden Abstand nehmen solle, dem Besitz entsagen und nach Niklashausen wallfahren solle.

Wallfahrtsort

Erstmals ist 1344 für Niklashausen eine Kirche bezeugt, der am 3. März 1354 ein Ablass durch Papst Innocenz VI. wegen eines wundertätigen Muttergottesbildes verliehen wurde. Die Kapelle Sancta Maria war lange Zeit eine gut besuchte Wallfahrtsstätte.

Böhm als Prediger

Hans Böhm versprach den Wallfahrern im Namen der Jungfrau Maria vollkommenen Ablass von ihren Sünden. Außerdem verkündete er soziale Gleichheit unter der Menschen, Gemeineigentum und Gottes Strafgericht über Eitelkeit und unersättliche Gier der Fürsten und Machthaber. Seine Predigten trafen die Seelenlage des Volkes, so dass ihn begeisterte Zuhörer als „Heiligen Jüngling“ und „Propheten“ verehrten. Im kurzen Zeitraum von drei Monaten soll er mehr als 70.000 Anhänger gewonnen haben. Seine sozial-revolutionären Thesen musste er mit dem Leben bezahlen. Die kirchliche und weltliche Obrigkeit verfolgte die entstehende Massenbewegung mit großer Sorge.

Böhms Ende

Zur Mobilisierung der bayerischen und schwäbischen Landesherren ließ der Würzburger Domherr Georg von Giech das Gerücht verbreiten, kriegführende eidgenössische Bauern zögen aus der Schweiz nach Franken, um sich mit den Niklashäuser Wallfahrern zu verbünden. Diese und andere Falschmeldungen überzeugten die anfangs zögernden Stadträte und Landesherren von der vermeintlichen Gefahr, die sich dort zusammenbraute.

Auf Befehl des Würzburger Fürstbischofs Rudolf II. von Scherenberg wurde Hans Böhm verhaftet, im Schnellverfahren als Ketzer zum Tode verurteilt und am 19. Juli 1476 in Würzburg am Schottenanger auf dem Scheiterhaufen verbrannt.

Um die endgültige Eindämmung der immer noch großen Wallfahrtsbewegung nach Niklashausen zu erreichen, sollte die Kapelle 1477 auf Befehl des Erzbischofs von Mainz eingerissen werden. Zwar wurde dieser Befehl zum Abriss wieder zurück genommen, das Interdikt auf die Kirche bestand aber weiter, und so zerfiel die Kapelle.

Posthume Würdigung

  • Der Kultregisseur Rainer Werner Fassbinder drehte 1970 den Film Niklashauser Fart, der die Geschichte Hans Böhms in einer Mischung aus historisierender und modern adaptierter Form erzählte. In der Niklashauser Fart spiegeln die Predigten des Hans Böhm und die Gespräche seiner Begleiter die Agitatiosformen und Diskussionen in marxistischen und anarchistischen Gruppen im Jahr 1970, die in der Bundesrepublik Deutschland über geeignete Wege zur Revolution nachdachten.
  • In der Marktgemeinde Helmstadt wurde die Hans-Böhm-Straße nach ihm benannt.

Denkmal am Schottenanger

Am 1. März 2001 wurde am Schottenanger ein Denkmal aufgestellt, das an den „Pfeifer von Niklashausen" erinnert. Die unregelmäßig geformte, 3,5 m hohe Säule aus Rotsandstein wird von einem Bronzefries umschlossen. Dieses veranschaulicht in vier bildhaften Szenen die Geschichte des Hans Böhm. Gestaltet wurde das Denkmal von Heinrich Schreiber (1935-2016) aus Kronach. Gestiftet hat es Klaus Zeitler, ehemals Oberbürgermeister der Stadt Würzburg.

Siehe auch

Literatur

  • Karl Krug: Der Pfeifer von Niklashausen. In: Ins Land der Franken fahren - Ein Heimatbuch in Wort und Bild, 5. Band, Mainpresse-Verlag, Würzburg 1961, S. 55-58.
  • Hans Steidle: Mariengesänge auf dem Scheiterhaufen. Über Hans Böhm, den Pfeifer von Niklashausen. In: Meeviertel-Anzeiger 10/2006
  • Uwe Klausner: Hans der Pfeifer. Historischer Roman. Hrsg.: Förderverein Niklashausen e.V., 2005. 355 S.
  • Leo Weismantel: Die Bauernnot. Das Schicksal des Hans Böhm, des Paukers von Niklashausen. Erzählung. 1926
  • Leo Weismantel: Rebellen in Herrgotts Namen, Deutsche Buch-Gemeinschaft, Berlin 1932

Weblinks


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