Medizinische Poliklinik

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Medizinische Universitätspoliklinik (1976)

Die Medizinische Poliklinik war ein Krankenhaus in der Würzburger Altstadt.

Geschichte der Medizinischen Poliklinik bis 1945

Die Würzburger Medizinische Poliklinik geht zurück auf eine „Armenbesuchsanstalt“, die seit 1795 als ambulante Klinik im Hauger Viertel nachweisbar ist [1]. Deren Leiter war der Physiologieprofessor und Stadtarmenarzt Johann Joseph Dömling (* 13. Januar 1771 in Merkershausen im Grabfeld; † 7. März 1803 in Würzburg). [2] [3]

Zum Ende des 18. Jahrhunderts erlangte unter dem Einfluss der Aufklärung die medizinische Versorgung der Armen eine größere Bedeutung. In Würzburg war es vor allem Fürstbischof Franz Ludwig von Erthal (reg. 1779-1795), der zahlreiche Reformen im Schulwesen, in der Gesundheitsförderung und der Armenfürsorge einleitete. [4]

Am 15. April 1807 nahm die Würzburger Poliklinik ihre Arbeit unter Philipp Joseph Horsch (1772-1820) auf, der zugleich Stadtphysicus, Arzt des Bürgerspitals und der Gefängnisse war. [5]

Horsch war von der Bedeutung des poliklinischen Unterrichts für die angehenden Ärzte zutiefst überzeugt, weil sie dort die Kranken in ihrem Lebensumfeld antrafen. Er richtete feste Sprechstunden für die Leichterkrankten ein, während die Schwerkranken zu Hause besucht wurden. Seine Praktikanten bekamen einzelne Patienten zur Behandlung zugewiesen; sie legten Krankenblätter an und referierten in Konversationsstunden über Diagnose und Heilplan. [6]

Bis zu seinem Tode 1820 wurde Horsch für seine Tätigkeit als Leiter der Poliklinik nicht besoldet. Erst seit 1821 ist die Poliklinik mit der Universität Würzburg verbunden; die Stadt Würzburg stellte einen Raum im Bürgerspital mit der nötigen Einrichtung zur Verfügung, während die Universität den sonstigen Unterhalt finanzierte. [7]

Unter Franz von Rinecker, der die Poliklinik 26 Jahre leitete, zog die Klinik zwei Mal um: 1841 in den Inneren Graben, 1851 in die Räume des Botanischen Instituts (heutige Klinikstraße 3). Bereits zu Horschs Zeiten waren überproportional viel Kinder in der Poliklinik in Behandlung; 1844 erfolgte die Errichtung einer eigenen ambulanten pädiatrischen Klinik, die aber Teil der Poliklinik blieb. Nach wie vor stand die Behandlung der Armen im Vordergrund; 1848 waren in Würzburg 700 Personen als conscribirte Arme verzeichnet, die Anspruch auf Unterstützung aus der städtischen Armenkasse hatten; hinzu kamen Tagelöhner und Personen, die mit ihrem Verdienst unter dem Existenzminimum blieben. Im Durchschnitt betrug die Zahl der pro Jahr behandelten Patienten zwischen 700 und 1000. [8]

1885 wurde die Klinik in das, von 1853 bis 1883 als Anatomie-Gebäude dienende, Medizinische Kollegienhaus in der ehemaligen Stelzengasse 2 [9] verlegt, wo sie bis 1938 blieb. [10] 1889 waren vier Assistenten beschäftigt, die jeweils einen Stadtbezirk (Stadtmitte, Grombühl, Mainviertel und Sanderau) zu betreuen hatten. [11] Die zunehmende Spezialisierung der medizinischen Fachgebiete hatte auch Auswirkungen auf die Würzburger Kliniklandschaft und die Entwicklung von Polikliniken außerhalb der Inneren Medizin: 1877 entstand eine Ohren-Poliklinik, 1883 eine Nasen-Kehlkopf-Poliklinik. Weitere ambulante Kliniken folgten (1887: Chirurgische Poliklinik, 1889: Poliklinik für Frauenkrankheiten und Geburtshilfe, 1903: Poliklinik für Nervenkranke, 1909: Poliklinik für Hautkranke), die aber an die entsprechenden Universitätskliniken angebunden waren. Seit 1900 lautete die Bezeichnung der „alten“ Poliklinik Medizinische Poliklinik und ambulante Kinderklinik der königlichen Universität. [12]

Nach der Eröffnung des Luitpoldkrankenhauses als neuer Universitätsklinik (1921), stellte sich die Frage, ob die Medizinische Poliklinik ebenfalls nach Grombühl ziehen sollte. Ernst Magnus-Alsleben, der die Poliklinik seit 1920 leitete, trat dafür ein, in der Stadt zu bleiben, um die fürsorgeärztliche Tätigkeit weiter ausüben zu können. Unter seiner Leitung hatte die Medizinische Poliklinik noch sogenannte Stadtassistenten, die Besuche bei den Armen machten. [13] [14]

(Ehemalige) Medizinische Poliklinik in der Klinikstraße 8

1938 erfolgte der Umzug in die ehemalige Frauenklinik in der Klinikstraße 8. Das Gebäude wurde am 16. März 1945 von Brandbomben getroffen und schwer beschädigt. Erst drei Jahre später konnte die die Poliklinik, zunächst nur im Erdgeschoss, wieder dort einziehen. [15] Unter Professor Franke wurde die Medizinische Poliklinik dann 1976 umgebaut und erweitert. [16]

Leiter der Medizinischen Poliklinik

Literatur

  • Hans Franke, Joachim Schröder und E. Schröder: Die Würzburger Medizinische Universitäts-Poliklinik 1807–1957. Stuttgart 1957.
  • Brinkschulte, Eva: Krankenhaus und Krankenkasse. Soziale und ökonomische Faktoren der Entstehung des modernen Krankenhauses im frühen 19. Jahrhundert. Die Beispiele Würzburg und Bamberg (Abhandlungen zur Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften, Heft 80), Husum 1998.
  • Mettenleiter, Andreas: Das Juliusspital in Würzburg, Bd. III: Medizingeschichte, Würzburg 2001.
  • Schott, Herbert: Fürstlicher Absolutismus und barocke Stadt, in: Geschichte der Stadt Würzburg, Bd. II: Vom Bauernkrieg 1525 bis zum Übergang an Bayern 1814, hrsg. von Ulrich Wagner, Stuttgart 2004, S. 130-202.
  • Erik Soder von Güldenstubbe: Sozialgeschichte der Stadt Würzburg 1500–1815, in: Geschichte der Stadt Würzburg, Bd. II: Vom Bauernkrieg 1525 bis zum Übergang an Bayern 1814, hrsg. von Ulrich Wagner, Stuttgart 2004, S. 464–488.

Einzelnachweise

  1. Brinkschulte, 1998, S. 49; Franke / Schröder, 1957, S. 6.
  2. http://franconica.uni-wuerzburg.de/ub/totenzettel/pages/totenzettel/3546.html.
  3. Mettenleiter, 2001, S. 573
  4. Schott, 2004, S. 154.
  5. http://franconica.uni-wuerzburg.de/ub/totenzettel/pages/totenzettel/3801.html.
  6. Die 24 Punkte umfassende Anweisung für die Studenten ist abgedruckt bei Franke / Schröder, 1957, S. 101-103.
  7. Franke / Schröder, 1957, S. 9-19.
  8. Franke / Schröder, 1957, S. 29-39.
  9. Telephon-Anlage Würzburg: Verzeichniss der Sprechstellen, Nr. 1 - abgeschlossen am 30. September 1887, Königl. Universitätsdruckerei von H. Stürtz, Würzburg 1887, S. 16 und 37 („Medicinisches Collegienhaus im botanischen Garten“)
  10. Franke / Schröder, 1957, S. 46.
  11. Franke / Schröder, 1957, S. 49.
  12. Franke / Schröder, 1957, S. 50f.
  13. Magnus-Alsleben wurde 1935 als "Nichtarier" seines Amtes enthoben und verstarb am 7.12.1936 in Ankara; s. Franke / Schröder, 1957, S. 58-60.
  14. Richard Kraemer: Würzburger Mediziner vor 50 Jahren, Würzburger medizinhistorische Mitteilungen 5 (1987), S. 165-172, S. 169
  15. Franke / Schröder, 1957, S. 75-79.
  16. Helmut Röckl: Die Universitätskliniken im Staatlichen Luitpoldkrankenhaus zu Würzburg, in: Vierhundert Jahre Universität Würzburg. Eine Festschrift, hrsg. von Peter Baumgart, Verlag Degener & Co., Neustadt an der Aisch 1982, S. 975-984, S. 979
  17. Zu den einzelnen Leitern s. Franke / Schröder, 1957, S. 9–61; 78-80.
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