Pietro Magno

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Kiliansdom: Langhaus mit Blick auf den Chor (um 1880)
Stuckaturen in der Vierung des Kiliansdoms (vor 1945)

Giovanni Pietro Francesco Maria Magno (* 8. Juni 1655 in Castel San Pietro [1]; † 15. Dezember 1723 ebenda) war um 1700 Hofstuckateur in Würzburg.

Familiäre Zusammenhänge

Pietro Magno entstammt der Tessiner Künstlerfamilie Magni (Maini). 1686 heiratete Pietro Magno Maria Orsola Salterio, die ebenfalls einer Künstlerfamilie entstammte. Am 4. Januar 1687 kam der Sohn Carl Bernhard Alexander und am 29. August 1697 die Tochter Maria Angelica zur Welt. [2]

Leben und Wirken

Über die Jugendjahre und Ausbildung von Pietro Magno ist nichts Sicheres bekannt. Eine Ausbildung in Rom ist jedoch sehr wahrscheinlich. Pietro Magno scheint sich jedoch bereits als Dreißigjähriger selbständig gemacht zu haben. Da es in Deutschland in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts bei den barocken Umgestaltungen und Neubauten von Schlössern und Kirchen genügend Arbeit gab, zog es ihn in Richtung Norden.

Pietro Magno gehörte zum Typus des barocken „Wanderkünstlers“ [3] aus dem Tessin, der sich auf die Anfertigung sakraler oder profaner Innenraumdekorationen aus Stuck spezialisiert hatte. Sein Tätigkeitsschwerpunkt wird aufgrund der kräftigen, plastischen Stuckformen als die Phase des sogenannten Stuckbarock bezeichnet.

Die in den Wintermonaten in ihre Heimat zurückkehrenden Stuckateure benutzten diese Zeit dazu, um sich mit den neuesten Modeerscheinungen in Bezug auf Stuck vertraut zu machen, aber auch dazu, sich eine aus Lehrlingen und qualifizierten Personen bestehende Stuckateurengruppe zusammenzustellen. Bei der Werkstatt wie der von Pietro Magno kann man damit rechnen, dass etwa 10 Mitarbeiter beschäftigt waren.

Um 1699 begann Pietro Magno auf der Festung Marienberg im Auftrag von Fürstbischof Johann Philipp von Greiffenclau mit der Ausschmückung von fünf Räumen. Von diesen Stuckaturen ist leider nichts erhalten, da sie bei der Nutzung der Festung als Kaserne im 19. Jahrhundert zerstört wurden. Nur im südlichen Pavillon des Fürstengartens sind Teile der Wanddekoration erhalten, während die Stuckaturen der Decke beim Bombenangriff auf Würzburg am 16. März 1945 zerstört wurden.

Von 1701 bis 1703 schuf Magnos Stuckateurengruppe mit Franz Hardt gleichzeitig mit den Stuckarbeiten im Kiliansdom die Stuckausstattung in dem 1720 abgerissenen Petrini-Schlösschen, dem Vorläufer der Residenz. [4] Um 1706/07 stuckierte Pietro Magno den Fürstenbau des Juliusspitals, jedoch wurde diese Stuckausstattung bereits 1745 durch einen Brand zerstört.

Die Stuckarbeiten im Kiliansdom

Bereits zu Beginn der 90er Jahre des 17. Jahrhunderts waren Pläne zur Neugestaltung des Hochaltars im Dom vorgelegt worden. [5] Zu diesem Zeitpunkt war Pietro Magno bereits für das Domkapitel tätig und hatte seine Fähigkeiten bei der Stuckierung einer der Orgelemporen im Dom unter Beweis gestellt. Auf Empfehlung des Fürstbischofs Johann Philipp von Greiffenclau beim Domkapitel erhielt Pietro Magno 1701 auch den Auftrag zur Stuckierung des Dominnenraums. Zunächst wurden nur zwei Aufträge für die Stuckierung des Langhauses bis zur Vierung erteilt. Als letztes folgte der Auftrag für die Stuckierung des Altarhauses und Chors. Die Bilderfelder der Langhauswände formte er in der Abfolge a-b-a-c-d-d-c-a-b-a. Genauso versuchte er im Gewölbe des Langhauses durch wechselnde Gestaltung der Engelshermen und Atlanten abzuwechseln. Die ursprüngliche Planung, die Bildfelder mit einer Freskenausmalung zu versehen, kam nicht zustande.

Der Vierung, dem Kreuzungspunkt von Lang- und Querhaus, ließ Pietro Magno eine besonders reiche Dekoration zukommen. Das Gewölbe dekorierte er mit einem Strahlenkranz, in dessen Mitte die Heilig-Geist-Taube schwebte. [6] Die Strahlen- und Wolkendekoration wird von einem kreisrunden Rahmen umgeben, der von Engelhermen gestützt wird, deren Unterleiber in großen Ranken und Blüten auslaufen. Von den Vierungspfeilern aus laufen breite Gurte noch oben vor denen in Scheinnischen die vier Evangelisten stehen.

Das im Langhaus entwickelte Schema der Gliederung versuchte Pietro Magno im Querhaus weiterzuführen. In den Gewölben, in denen ein großes Stuckrahmenbild von Hermenfiguren getragen wird, gelang dies auch, bei der Wandgliederung gab es allerdings Probleme, da der Zugang des Seitenschiffs und die achsenversetzten östlichen Apsiden des Querhauses die gleichmäßige Abfolge aufgrund der weiter und höher ausgefallenen Bogenöffnungen störten. Hinzu kam, dass beim Vertragsabschluss am 13. Dezember 1703 noch nicht über die großen Stuckmarmoraltäre an den Stirnwänden entschieden worden war.

Das Presbyterium [7] wurde im Kiliansdom besonders geschmückt und dekoriert. Die Wände zwischen den Pfeilern dekorierte Pietro Magno mit Pilasterbündeln, die Fensterleibungen mit Rankenfelderungen, die zur Apsis hin sich aus flachem Relief zu plastischen Formen entwickeln. Das Gewölbe zeigt nach dem Vorbild des Langhauses Scheinstichkappen mit reicher Umrahmung. Hier sind die Figuren der Apostel vor flachen Nischen dargestellt worden. An der Übergangsstelle vom Presbyterium zur Apside plazierte Pietro Magno genau über dem barocken Hochaltar, den Balthasar Esterbauer 1703 fertigstellte, die Gruppe der Heiligen Dreifaltigkeit, eine der großartigsten Gruppen überhaupt, und verdeckte auf diese Weise die Stufung des Gewölbes.

Stuckateurmeister Pietro Magno war einer der letzten Vertreter des italienischen „Stuckbarock“ in Würzburg.

Bildergalerie

¹ Symbole der Evangelisten
Auf vielen Bildern werden die vier Evangelisten mit ihren jeweiligen Symbolen dargestellt: Matthäus mit einem Menschen oder Engel, Markus mit einem Löwen, Lukas mit einem Stier, Johannes mit einem Adler. Diese vier Bilder sind der Offenbarung des Johannes (4, 6) entnommen, wo es in einer Vision des Gottesthrones heisst: „Das erste Lebewesen glich einem Löwen, das zweite einem Stier, das dritte sah aus wie ein Mensch, das vierte glich einem fliegenden Adler." Auch die Darstellung der vier Wesen mit Flügeln ist dieser Bibelstelle entnommen. Der Kirchenlehrer Hieronymus (347 bis 419) ordnete die vier Lebewesen den einzelnen Evangelisten zu, indem er auf die Anfänge ihrer Evangelien verwies: Matthäus beginnt mit dem Stammbaum und der Menschwerdung Jesu, daher der Mensch. Markus stellt an den Anfang seines Textes die Bußpredigt des Johannes, der wie ein Löwe seine Stimme in der Wüste erschallen lässt. Lukas berichtet zuerst vom Opferdienst des Priesters Zacharias, so dass der Stier als Opfertier zu seinem Attribut wurde. Und Johannes schließlich beginnt mit dem Prolog über das Wort Gottes und schwingt sich in einer Art „geistigem Höhenflug“ wie der Adler in Höhen, die die anderen nicht erreichen.
Außer dieser Zuordnung zu den Evangelisten symbolisieren alle vier Wesen in der gemeinsamen Darstellung Jesus Christus selbst, dessen vier wichtigste Heilstaten in den Evangelientexten bezeugt werden: Der Mensch ist Abbild der Menschwerdung, der Stier bedeutet seinen Opfertod, der Löwe die Auferstehung und der Adler seine Himmelfahrt.
(Quelle: Würzburger katholisches Sonntagsblatt)

Quellen

  • Christoph Nicht: Pietro Magno und die italienischen Stukkateurtrupps, in: Frankenland - Zeitschrift für fränkische Landeskunde und Kulturpflege 1999 (Online-Fassung)

Literatur

  • Rudolf Edwin Kuhn: Der Thronsaal der himmlischen Herrlichkeit - Das Lebenswerk des Stukkator-Architekten Giovanni Pietro Magno im Würzburger St. Kiliansdom, Pro-Arte Publikation, Würzburg 1981

Weblinks

Erläuterungen und Einzelnachweise

  1. Pfarrmatrikel der Pfarrei S. Eusebio in Castel San Pietro, Band 1652-1706 unter dem 8. Juni 1665: „Die octavo Mensis Juniy 1665 Anno sexcentesimo quinto ego Augustino Paravicinus rector ecclesiae parochialis S. Eusebii baptizavi infantem natum hieri e D’no Bernardino Magno et D’na Angela conjugibus sui impositum fuit nomen Petrus Franciscus Maria.“
  2. Pfarrmatrikel S. Eusebio, Castel San Pietro, Bd. 1652 - 1706, 1706 - 1750
  3. Als „Wanderkünstler“ werden die italienischen Stuckateure, die von Mitte des 17. Jahrhunderts bis ca. 1715 tätig waren, deshalb bezeichnet, weil sie aufgrund des Klimas nur in den Sommermonaten arbeiten konnten. Nur in der wärmeren Jahreszeit konnte die Stuckmasse in der angemessenen Geschwindigkeit abbinden. In den Wintermonaten kehrten sie meist in ihre Heimat zurück.
  4. Staatsarchiv Würzburg, Domkapitelsprotokolle, Rechnung 39 442, 1701 f.
  5. Anton Ress: Der Würzburger Domstuck, in: Deutsche Kunst und Denkmalpflege, 20, 1962, S. 110 f.
  6. Heute ist diese Heilig-Geist-Taube durch Strahler ersetzt.
  7. Das Presbyterium war ein früher dem Klerus vorbehaltener Altar- und Chorraum in Kirchen.
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