St. Mauritius (alt) (Estenfeld)

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Alte katholische Pfarrkirche St. Mauritius (Südwest-Ansicht)
Alte katholische Pfarrkirche St. Mauritius (Nordwest-Ansicht)
Alte katholische Pfarrkirche St. Mauritius (Südost-Ansicht)
Statue Hl. Bruno aus dem Jahre 1680 in einer Nische am Turm der alten Pfarrkirche
Nachgebilderter Friedhof mit Grabsteinen von heimischen Bildhauern aus dem 19. Jahrhundert
Innenraum der alten katholischen Pfarrkirche St. Mauritius
Relief mit dem Bildnis des Hl. Mauritius aus dem Jahre 1543

Die alte katholische Pfarrkirche St. Mauritius ist eine von Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn Anfang des 17. Jahrhunderts konzipierte schlichte Saalkirche [1] in Estenfeld.

Kirchen- und Baugeschichte

Als Estenfeld im Jahre 1598 wieder eine eigenständige Pfarrei wurde, brauchte man eine neue und größere Kirche. Am 11. Januar 1615 erfolgte der Gemeindebeschluss zum Bau der Kirche. Die alte Kirche wurde am 23. März 1615 abgerissen, nur der Kirchturm blieb erhalten. Die Grundsteinlegung wurde am 22. April 1615 gefeiert und bereits am 20. September 1616 erfolgte die Weihe des Gotteshauses durch Weihbischof Eucharius Sang.

Um 1690 wurden die 14 Nothelfer angeschafft, die heute als Seitenaltar in der neuen Kirche zu sehen sind. Da Estenfeld ein Klosterdorf der Kartause Engelgarten in Würzburg war, konnte man dank der guten Beziehungen zu namhaften Künstlern die Kirche im 18. Jahrhundert prächtig ausstatten. 1769 erhielt der Kirchturm einen barocken Aufbau, wie er heute noch zu sehen ist.

1964 war die Kirche am Schlossberg einsturzgefährdet und wurde in vierjähriger Bauzeit vor dem Zerfall gerettet. Am 2. März 1969 erhielten Altar und Kirche von Bischof Josef Stangl die Weihe.

Baubeschreibung

Turmunterbau romanisch, Turmaufbau 16. Jh., mit Streben besetzter, eingezogener Chor, Langhaus mit abgewalmtem Dach und Sakristeianbau 1614-15; mit Ausstattung; Kirchhofmauer, bez. 1542.

Inneneinrichtung

Hochaltar

Der Hochaltar aus dem Jahre 1779 stammt aus der Kapelle des Kartäuserhofs in Estenfeld. Da nach der Säkularisation des Kloster 1803 für die Kapelle kein Verwendungszweck mehr bestand, wurde sie um 1810 eingelegt und der Hochaltar in die Pfarrkirche überführt.

Als Assistenzfiguren sind die Hll. Johannes Evangelist (links) und Johannes der Täufer (rechts) dargestellt. Im Auszug erscheint in plastischer Reliefstärke die Gruppe der hl. Dreifaltigkeit. Auf den Rippen des zum Gewölbe emporschwingenden Baldachins und den Gebälken sitzen vier große, geflügelte Engel. Zu seiten des vor dem Halbrund des Altaraufbaus freistehenden Tabernakel beten zwei Engel.

Durch Auffindung einer Inschrift an einem Zwischenstück der vor linken vorderen Altarsäule im Jahre 1967 konnte der Hochaltar eindeutig Johann Peter Wagner zugeschrieben werden. Die Inschrift lautet:

„Anno 1779 den 17 ten May ist dieser Altar aufgericht worden unter dem Herrn Pater Prior Joseph Schwab gebürtig von Windheim Peter Wagner Hofbildhauer Lorenz Weinzierl Schreiner Maler Johann Weiß.“

Das Altarblatt des Hochaltars „Himmelfahrt Mariens“ schuf Johann Martin Bolster 1708 für den Hauptaltar der Pfarrkirche, das 1779 in den neuen Altar übernommen wurde.

Seitenaltäre

Die Annahme, die beiden Seitenaltäre stammten aus der Kapelle des Kartäuserhofs in Estenfeld lässt sich durch die Archivalien eindeutig widerlegen. [2] Durch wen die Altäre angeschafft wurden, lässt sich nicht eindeutig nachweisen. Eindeutig lässt sich jedoch nachweisen, dass die Figuren vom Hofbildhauer Johann Peter Wagner stammen, während die Altaraufbauten für Daniel Köhler gesichert sind. Aufgrund der Übereinstimmung mit dem Wagner-Altar in der katholischen Pfarrkirche St. Cyriakus, St. Laurentius und St. Maria Magdalena in Gramschatz muss man annehmen, dass Daniel Köhler nach einem Riss des Hofbildhauers gearbeitet hat.

  • Linker Seitenaltar (Evangelienseite): Assistenzfiguren des hl. Bruno und hl. Hugo von Lincoln [3]. Das Altarblatt „Kreuzigung Christi“ malte Johannes Andreas Urlaub im Jahre 1773. [4]
  • Rechter Seitenaltar (Epistelseite): Assistenzfiguren der Hl. Maria und des Hl. Josef. Das Altarblatt „Martyrium des hl. Sebastian“ mit der Darstellung der Hl. Irene, die dem verletzten Sebastian die Pfeile aus dem Körper zieht, malte Johannes Andreas Uralub im Jahre 1773. [4]

Kanzel

Die Rokoko-Kanzel schuf Johann Georg Moritz aus Knetzgau im Jahre 1753. Der Kanzelkorb wird geschmückt von Reliefbildern der drei göttlichen Tugenden Glaube, Hoffnung und Liebe sowie den auf Voluten sitzenden Figuren der vier Evangelisten Markus, Johannes, Matthäus und Lukas mit ihren Attributen. [5] Putten und die Gestalt des Guten Hirten krönen den Schalldeckel der Kanzel.

Orgel

Die Orgel mit dem Rokoko-Gehäuse aus dem Jahre 1743, die verschollen ist, fertigte der Würzburger Orgelbauers Johann Philipp Seuffert. Der gleiche Orgelprospekt konnte jedoch durch Vermittlung von Domkapitular Richard Schömig aus der alten Pfarrkirche von Himmelstadt erworben werden. Das einmanualige Orgelwerk stammt vom Orgelbaumeister Winfried Elenz aus Oberdürrbach.

Geläut

Die ersten drei Glocken wurden 1760 angeschafft, welche allerdings im Ersten Weltkrieg abgenommen und eingeschmolzen wurden. Seit 2002 erklingen drei neue Glocken wieder:

  • Adoremus-Glocke. Gewicht: 500 kg, Durchmesser: 94 cm, Ton a
  • Magnifikat-Glocke. Gewicht: 300 kg, Durchmesser: 80 cm, Ton c
  • Misericordia-Glocke. Gewicht: 180 kg, Durchmesser: 67 cm, Ton es

Die Glocken wurden bei der Firma Perner in Passau gegossen und am 22. September 2002 von Weihbischof Helmut Bauer geweiht.

Siehe auch

Quellen und Literatur

  • Katholische Kirchenstiftung Estenfeld (Hrsg.): Die beiden Kirchen Sankt Mauritius in Estenfeld.
  • Christian Will: Estenfeld - Das Dorf im Kürnachtal und sein Ortsteil Mühlhausen. Hrsg.: Gemeinde Estenfeld im Eigenverlag 1982
  • Hans-Peter Trenschel: Die kirchlichen Werke des Würzburger Hofbildhauers Johann Peter Wagner. Kommissionsverlag Ferdinand Schöningh, Würzburg 1968, S. 266-269
  • Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, Baudenkmäler in Estenfeld, Nr. D-6-79-130-5

Weblinks

Erläuterungen und Einzelnachweise

  1. Eine Saalkirche ist ein Kirchengebäude, dessen Innenraum nicht durch freistehende Stützen unterteilt ist. Weitere Informationen bei Wikipedia [1]
  2. Pfarrarchiv Estenfeld, Estenfelder Gemeinendorfsrechnung 1773, fol. 39.
    „- 2 lb ist an zehrung ergangen wie der Accort geschlossen worden mit dem Hofbildhauer deren Figuren auf die neue Alter.
    3 fl dem Bildhauer Köhler zum drinckgeld wegen denen neuen Alteren
    4 fl mehr gemelten für Kost bey einlegung derer alten und aufrichtung derer neuen Altern.“
  3. Über das Vorkommen des hl. Hugo von Lincoln in der fränkischen Kunst vgl. Heiliges Franken. 3. Jahrgang, Nr. 11, 1955, S. 43
  4. 4,0 4,1 Estenfelder Gemeinendorfsrechnung 1773, fol. 50.
    „60 fl dem Hoff Mahler für ein Altar blad und 10 fl demselben für 1 Malter weitzen lauth accort.“
    Estenfelder Gemeinendorfsrechnung 1773, fol. 51
    „48 fl dem Mahler Urlaub für das 2. Altar blath dann 5 fl für ein Malter Korn und 1 fl für zehrungen gemelten abgegeben worden.“
  5. Symbole der Evangelisten
    Auf vielen Bildern werden die vier Evangelisten mit ihren jeweiligen Symbolen dargestellt: Matthäus mit einem Menschen oder Engel, Markus mit einem Löwen, Lukas mit einem Stier, Johannes mit einem Adler. Diese vier Bilder sind der Offenbarung des Johannes (4, 6) entnommen, wo es in einer Vision des Gottesthrones heisst: „Das erste Lebewesen glich einem Löwen, das zweite einem Stier, das dritte sah aus wie ein Mensch, das vierte glich einem fliegenden Adler.“ Auch die Darstellung der vier Wesen mit Flügeln ist dieser Bibelstelle entnommen. Der Kirchenlehrer Hieronymus (347 bis 419) ordnete die vier Lebewesen den einzelnen Evangelisten zu, indem er auf die Anfänge ihrer Evangelien verwies: Matthäus beginnt mit dem Stammbaum und der Menschwerdung Jesu, daher der Mensch. Markus stellt an den Anfang seines Textes die Bußpredigt des Johannes, der wie ein Löwe seine Stimme in der Wüste erschallen lässt. Lukas berichtet zuerst vom Opferdienst des Priesters Zacharias, so dass der Stier als Opfertier zu seinem Attribut wurde. Und Johannes schließlich beginnt mit dem Prolog über das Wort Gottes und schwingt sich in einer Art „geistigem Höhenflug“ wie der Adler in Höhen, die die anderen nicht erreichen.
    Außer dieser Zuordnung zu den Evangelisten symbolisieren alle vier Wesen in der gemeinsamen Darstellung Jesus Christus selbst, dessen vier wichtigste Heilstaten in den Evangelientexten bezeugt werden: Der Mensch ist Abbild der Menschwerdung, der Stier bedeutet seinen Opfertod, der Löwe die Auferstehung und der Adler seine Himmelfahrt.
    (Quelle: Würzburger katholisches Sonntagsblatt)

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