Joseph Greissing

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Joseph Greissing (* 9. Januar 1664 in Hohenweiler/Vorarlberg; † 12. Dezember 1721 in Würzburg) schuf als Baumeister bedeutende sakrale wie profane Bauwerke des „fränkischen Barocks“ im Bereich des Hochstifts Würzburg.

Schreibweise

Die Originalautographe zeigen ausschließlich Greissing und selten (nur vor 1705) Greißing. Die falsche Schreibweise Greising ist durch Würzburger Lokalhistorikers Carl Gottfried Scharold im 19. Jahrhundert eingeführt worden. [1]

Familiäre Zusammenhänge

Greissing wuchs in Vorarlberg als Sohn des Jacob und der Agatha Greissing in einfachen Verhältnissen auf, sein Vater verstarb bereits 1672. Vom Onkel, der vermutlich Taufpate war, übernahm er den Beruf und begann um 1677 eine Lehre als Zimmermann. Die Ausbildung erfolgte durch die aufgrund der Namensgleichheit vermutlich auch verwandtschaftlich verbundenen Zimmerleute Greissing im Hohenweiler benachbarten Weiler Berg. Dabei kam sein besonderes Talent für Entwurf und Zeichnungen zum Vorschein. Um 1680 wurde er als Geselle freigesprochen und machte sich anschließend auf die Wanderschaft.

1699 heiratete Greissing die Würzburger Bürgerstochter Anna Dorothea Füsser, deren Vater zu der Zeit Forstmeister bei Haßfurt war. Aus der Ehe gingen fünf Töchter und fünf Söhne hervor. Sohn Johannes Greissing wurde später als Domvikar bekannt, Johann Leonhard Greissing, der spätere Hof- und Stadtzimmermeister.

Leben und Wirken

Als der junge Vorarlberger Zimmermann Joseph Greissing spätestens 1697 [2] im Alter von 33 Jahren in Würzburg eintraf, war er bereits weit herumgekommen. Greissing muss weit überdurchschnittliche Fähigkeiten wie Fertigkeiten mitgebracht haben, wenn er als Zuwanderer, ohne den an sich obligatorischen Würzburger Meisterbrief, in Aufsehen erregender Art bereit 1699, mit gerade 35 Jahren und noch nicht lange in der Stadt, ob seiner technischen wie gestalterischen Überlegenheit erfolgreich gegen gleich mehrere einheimische Bewerber um das Amt des Stadtzimmermeisters durchsetzte. Dahinter stand vielleicht bereits der neue, im selben Jahr 1699 ins Amt gelangte Fürstbischof Johann Philipp von Greiffenclau-Vollraths, der bis zu seinem Tod 1719 für genau zwei Jahrzehnte Greissings Mentor und wichtigster Förderer war, der ihn alsbald zum Hofzimmermeister und schließlich zum „Hochfürstlich Würzburgischen Stadt- und Landbaumeister“ ernannte.

Werke in Würzburg (Auswahl)

1698 übernahm er in Fortführung seines verstorbenen Arbeitgebers Adam Nick die Zimmererarbeiten an der Universitätskirche und war mit der Planung der Turmkuppel betraut. Sie ist in jeder Hinsicht Greissings Meisterstück. Baumeister der 1696 begonnenen Gesamtmaßnahme war ursprünglich Antonio Petrini, den Greissing spätestens nach dessen Tod am 8. April 1701 ablöste. Greissings gestalterischer Einfluss kam bereits am gemauerten Turmoktogon mit seiner Balustrade zum Ausdruck, das bereits lockerer, leichter und stärker durchbrochen erscheint als die Schöpfung Petrinis.

Genau im Jahr seiner Berufung zum Stadtzimmermeister ereignete sich im Juliusspital ein verheerender Großbrand. Zum Wiederaufbau berief der neu gewählte Fürstbischof den schon unter seinen Vorgängern bewährten, inzwischen hochbetagten Antonio Petrini, dem von Anfang an der junge Stadtzimmermeister Greissing an die Seite gestellt wurde. Erst nach Petrinis Tod am 8. April 1701, nämlich im Herbst 1701, wurde die riesige Brandruine des Juliusspitals unter der nun Greissing übertragenen Leitung schrittweise abgetragen und im Oktober 1701 verhandelte man noch grundsätzlich mit Greiffenclau über die Ausführungspläne. Der alte ausgebrannte Fürstenbau stand noch bis Mai 1702. Mit dem gewaltigen neuen Nordflügel begann gleichzeitig ein neuer Abschnitt in der Würzburger Barockarchitektur.

Greissing vollendete nach Petrinis Tod die von ihm begonnenen Bauwerke, wobei Greissing die von Petrini favorisierte Klarheit und Strenge der Formen auflockerte und mit dekorativen und perspektivischen Details versah. Als 1700 der Bau eines Stadtschlosses am Rennweg begonnen wurde, übernahm Greissing die Zimmererarbeiten, ebenso für das Rosenbachpalais. Nach Petrinis Tod fiel ihm die Bauleitung zu, welche er wohl früher schon für auswärtige Aufträge Petrinis innehatte. Greissing wandelte den Zimmereibetrieb schnell zu einem Großbauunternehmen um, das Fachkräfte aller Gewerke beschäftigte. Als erster Bauunternehmer in Mainfranken bot er „schlüsselfertige“ Bauweise an, als die Ausführung sämtlicher Arbeiten, sodass der Auftraggeber direkt einziehen konnte. Überall in der Stadt und auf dem Land wuchsen Gebäude unter seiner Generalunternehmerschaft empor.

1704 erstellte er Zeichnungen für einen Gartenpavillon am Juliusspital. In ihnen kommt erstmals Greissings gestalterischer Formenschatz voll zum Tragen. Fürstbischof Johann Philipp von Greiffenclau wusste Greissings Baukünste zu schätzen und übertrug ihm zahlreiche Bauaufgaben im Hochstift. Unter anderem fertigte er 1711 einen barocken Turmabschluss für die Marienkapelle, deren Turm durch einen Blitz beschädigt war (er wurde 1856 wieder durch eine gotisch geformte Spitze ersetzt). Greissing entwickelte insbesondere die Bauform der Einturmkirchenfassaden weiter. Von 1711 bis 1721 wurde ihm die Bauleitung und die Ausführung der Zimmererarbeiten für das Gesamtprojekt des Umbaus von Neumünster durch Greiffenclau übertragen. Ab 1717 arbeitete Greissing am Neubau der Peterskirche. Neben Bauvorhaben des Hochstifts fielen ihm auch private Aufträge des Adels zu, so schuf er unter anderem das Greiffenclau-Palais (Roter Bau) und das Greissinghaus in Ochsenfurt.

Der von Fürstbischof Greiffenclau favorisierte Baumeister trat unter dem nachfolgenden Fürstbischof Johann Philipp Franz von Schönborn ab 1719 kaum mehr in Erscheinung.

Letzte Ruhestätte

Letztes Wohnhaus von Joseph Greissing in der Burkarderstraße (1719)

Greissing starb in seinem Haus in der Burkarderstraße „ahn einer hizigen Kranckheit“. [3] Der Tod muss relativ überraschend eingetreten sein, denn der mit Greissing seit vielen Jahren bekannte Obervogt Johann Adam Doles zu Burgpreppach schreibt wenige Tage nach dem Begräbnis an den Würzburger Kammerrat Johann Philipp Christoph Reibelt: „Eß hat mich auch deß Meister Josephs Absterben sehr gewundert, da derselbe dem Ansehen nach von einer starcken Gesunthen Natur zu seyn geschienen“. [4] Von Greissings Grab, das vermutlich auf dem alten Friedhof der Pfarrei St. Burkard lag, ist nichts mehr bekannt.

Posthume Würdigung

Nach Joseph Greissing wurden in Würzburg benannt:

Siehe auch

Quellen und Literatur

  • Pius Bieri: Joseph Greissing (1664–1721), 2018, S. 5 (Textdokument aus Süddeutscher Barock)
  • Johannes Mack: Joseph Greissing (1664-1721) Baumeister und Architekt. Sonderdruck aus: Fränkische Lebensbilder Band 20, Hrsg.: Gesellschaft für Fränkische Geschichte e.V., 2004
  • Johannes Mack: Der Baumeister und Architekt Joseph Greissing. Mainfränkischer Barock vor Balthasar Neumann (= Quellen und Darstellungen zur fränkischen Kunstgeschichte. Band 16). Gesellschaft für Fränkische Geschichte, Würzburg 2008, ISBN: 978-3-86652-816-1
  • Johannes Mack: Joseph Greissing in neuem Licht: Die veränderte Wahrnehmung seiner Bedeutung - überraschende Entdeckungen zum 300. Todestag. In: Würzburger Diözesangeschichtsblätter 84. Band, Echter Verlag, Würzburg 2021, ISBN: 978-3-429-05716-9, S. 295 ff.
  • Barbara Nitschke: Joseph Greissing. Architekt, Baumeister und Bauunternehmer. In: Heinz Otremba (Hrsg.): Würzburger Porträts. Lebensbilder von 95 berühmten Würzburgern. Würzburg 1982, ISBN: 3-429-00778-X, S. 31–32.

Einzelnachweise

  1. Johannes Mack: Der Baumeister und Architekt Joseph Greissing. Mainfränkischer Barock vor Balthasar Neumann (= Quellen und Darstellungen zur fränkischen Kunstgeschichte. Band 16). Gesellschaft für Fränkische Geschichte, Würzburg 2008, S. 17-20
  2. Archivalisch fassbar ab 12. April 1698, doch bereits erster Palier des Stadtzimmermeisters Adam Nick, leitet für diesen das Schillingsfürster Bauwesen und rechnet dort auch ab.
  3. Freiheitlich Fuchs von Bimbach'sches Archiv Burgpreppach, Vormundschaftliche Korrespondenz 1721-25, Brief des Kammerrats Philipp Christoph Reibelt zu Würzburg an den Obervogt Johann Adam Doles zu Burgpreppach am 21. Dezember 1721.
  4. Ebendort, Antwortbrief des Obervogts Doles an den Kammerrat Reibelt vom 26. Dezember 1721.
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